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# Arbeitsmittel
> **Ziele**
>
> + Sie können Arbeitsmittel über Anschaulichkeit, Abstraktheit und Operierbarkeit charakterisieren.
> + Sie kennen einen Ablauf zur Ausbildung von Grundvorstellungen mithilfe von Arbeitsmitteln. Dabei sind Sie sich der besonderen Bedeutung des Sprechens über Handlungen bewusst.
> + Sie können lerntheoretisch den Einsatz von Arbeitsmitteln bei der Aneignung von Lerngegenständen über Internalisierungs- und Externalisierungsprozesse erläutern.
>
> **Material**
>
> + Folien zum Kapitel 5 ([pdf](files/Stoffdidaktik2024-08-Arbeitsmittel.pdf), [Keynote](files/Stoffdidaktik2024-08-Arbeitsmittel.key))
Einer der Aspekte der Grundvorstellungsidee ist die Sinnkonstituierung durch Handlungsbezug (siehe Definition \@ref(def:Grundvorstellungen)). Sollen Grundvorstellungen bei Schülerinnen und Schülern ausgebildet werden, ist es notwendig, diese Handlungen zu *verinnerlichen* (vgl. Abschnitt \@ref(aneignung-von-lerngegenstaenden)). Besonders hilfreich hat sich hierfür der Einsatz von **Arbeitsmitteln** herausgestellt, anhand derer gehandelt wird.
## Begriffsklärung Arbeitsmittel {#arbeitsmittel-begriffsklaerung}
In Abschnitt \@ref(vermittelnde-werkzeuge) wurde bereits beschrieben, dass in der Tätigkeitstheorie *vermittelnde Werkzeuge* bedeutsam sind in der Auseinandersetzung eines Individuums mit einem Lerngegenstand. Derartige ***Lernmittel*** können, wie im entsprechenden Abschnitt beschrieben, vielfältiger Natur sein (z. B. Zirkel und Lineal als Hilfsmittel, Gesten, Sprache, Abbildungen und Skizzen, … ).
Als ein spezifisches Lernmittel dient in der Tätigkeitstheorie das Konzept des ***Lernmodells***. Lernmodelle sind »sinnliche Stützen geistigen Handelns« [@Giest2006 225] und können bspw. Zeichnungen, strukturierte Darstellungen, digitale Anwendungen usw. sein. Sie haben als Modelle dabei den Vorteil, dass sie »nicht die konkreten Merkmale der einzelnen Erscheinungen oder Situationen, sondern nur konstitutive, im gegebenen Kontext wesentliche Merkmale und Relationen enthalten, also *abstrakt* sind« [@Lompscher1985a 64, Hervorhebung im Original]. Gleichzeitig sind sie aber auch »*anschauliche* Abbildungen und machen damit die grundlegenden Zusammenhänge und Wesensmerkmale der Wahrnehmung und Vorstellung zugänglich« [@Lompscher1985a 64, Hervorhebung im Original].
```{r LernmodellAlgorithmus, echo=FALSE, fig.cap="Beispiel eines Lernmodells für die Bestandteile eines Algorithmus", fig.align='center', out.width='25%'}
knitr::include_graphics("pictures/8-Lernmodell.png")
```
Lernmodelle können daher insbesondere für mathematische Lerngegenstände dienlich sein, da sie die »abstrakte Struktur des Gegenstands zusammen mit dem prinzipiellen Weg [..], der zur Aufdeckung der Struktur geführt hat«, beinhalten [@Lompscher1996 6]. Dass es sich dabei nicht ausschließlich um Abbildungen, sondern eben auch haptische Materialien oder digitale Anwendungen handeln kann, machen die obigen und noch folgenden Beispiele deutlich.
Die Begriffe *Lernmittel* und *Lernmodell* als tätigkeitstheoretisch geprägte Konzepte werden in der aktuellen Mathematikdidaktik kaum verwendet. Verbreiteter ist dagegen der Begriff des **Arbeitsmittels**. Nach @Krauthausen:2018 [310] sind Arbeitsmittel im Mathematikunterricht Veranschaulichungsmittel (zum Illustrieren oder Visualisieren mathematischer Konzepte) oder Anschauungsmittel (d. h. »Darstellungen mathematischer Ideen in der Hand der Lernenden […] zur (Re-)Konstruktion mathematischen Verstehens«). Entscheidend ist hierbei eine »aktivistische« Sichtweise, also dass die Schülerinnen und Schüler die Arbeitsmittel aktiv als »Denkwerkzeug« verwenden. Die Aufgabe der Lehrkraft ist es dabei, »in den sachgerechten Gebrauch ein[zu]führen und Hilfen (zur Selbsthilfe) im Umgang mit Anschauungsmitteln [zu] gewähren« [@Krauthausen:2018 310]. @Reinhold2023 [525] formulieren in inhaltlich ähnlicher Weise: »Arbeitsmittel im Mathematikunterricht repräsentieren mathematische Objekte und erlauben Handlungen mit den dargestellten Objekten.«^[Den Arbeitsmitteln werden hier *Anschauungsmittel* entgegengestellt, jedoch in einer eher demonstrierenden Bedeutung [@Reinhold2023 526], was eher dem Begriff der *Veranschaulichungsmittel* bei @Krauthausen:2018 [310] entspricht.]
In dieser Einordnung übernehmen Arbeitsmittel demnach die Aufgabe eines Lernmittels (auch wenn es weitere Lernmittel gibt, die keine Arbeitsmittel sind). In der obigen Aufzählung der Beispiele kann die *digitale Stellenwerttafel* als Arbeitsmittel aufgefasst werden.
Als Definition für Arbeitsmittel, die sowohl mathematikdidaktische als auch tätigkeitstheoretische Bezüge aufgreift, wird im Folgenden gewählt:
::: {.definition #Arbeitsmittel name="Arbeitsmittel"}
Ein Arbeitsmittel ist eine **materielle oder materialisierte^[Damit sind auch Abbildungen, Strukturdiagramme oder Apps eingeschlossen.]** sowie durch die Schülerinnen und Schüler **operierbare Repräsentation** eines Lerngegenstands. Damit muss ein Arbeitsmittel folgende Bedingungen erfüllen:
* Es enthält die dem Wesen des Lerngegenstands entsprechenden Merkmale und Relationen **(Abstraktheit)**.
* Es macht die dem Lerngegenstand zugrundeliegende Struktur der Wahrnehmung und Vorstellung zugänglich **(Anschaulichkeit)**.
* Es ermöglicht, Lernhandlungen durchzuführen, die der Aneignung des Wesens des Lerngegenstands dienlich sind **(Operierbarkeit)**.
:::
Bei der Auswahl (oder Entwicklung) eines Arbeitsmittels ist es für Sie als Lehrkraft daher von besonderer Bedeutung, was der *Kern* des entsprechenden mathematischen Gegenstands ist. Hierfür ist es notwendig, dass also das **Arbeitsmittel mit der `r concrete("Kernidee")` des Lerngegenstands in Einklang** steht. Bezugnehmend auf die **`r semantic("Grundvorstellungsidee")`** ermöglicht das Arbeitsmittel nun auch **operatives Handeln in Bezug auf (visuelle) Repräsentationen** und unterstützt damit auch den zweiten Aspekt von Definiton \@ref(def:Grundvorstellungen).
## Beispiel Äquivalenzumformungen
Bevor Arbeitsmittel für Äquivalenzumformungen von Gleichungen untersucht werden, ist es zunächst notwendig, auf der `r formal("formalen")` und `r semantic("semantischen")` Ebene zu klären, was Gleichungen sind und was man sich unter diesen vorstellen kann.
### Der Gleichungsbegriff
Offensichtlich handelt es sich bei dem Ausdruck $2+ 3 = 5$ um eine Gleichung. Auch der Ausdruck $2 + 3 = 8$ stellt eine Gleichung dar -- jedoch eine falsche Aussage. Relevant ist bei beiden Ausdrücken, dass zwei Terme durch ein Gleichheitszeichen miteinander verbunden sind. Über den Wahrheitsgehalt einer solchen Gleichung kann jedoch nicht immer eine Aussage getroffen werden. Betrachtet man etwa $2x = 14$, so kann es sich dabei um eine wahre Aussage (für $x=7$) oder um eine falsche Aussage (für $x\neq 7$) handeln. In dem Fall spricht man also von einer *Aussageform*, die erst durch Einsetzen der Variable zu einer Aussage wird.
Zusammenfassend gilt: **Eine Gleichung ist eine Aussageform, in der zwei Terme $T_1(x)$ und $T_2(x)$ durch ein Gleichheitszeichen miteinander verbunden werden: $T_1(x) = T_2(x)$** [vgl. @Weigand2022 {242 ff.}]
Liegt eine Gleichung als Aussageform vor, z. B. $\frac{7}{x} = 2$, interessiert in der Regel die Lösung der Gleichung, also $x = 3,\!5$. Ob eine solche Lösung existiert, hängt jedoch von der **Grundmenge** ab, in der die Aussageform betrachtet wird. Wird für die Gleichung $\frac{7}{x} = 2$ als Grundmenge $\mathbb{Z}$ festgelegt, so ist sie nicht lösbar. Ist dagegen $\mathbb{Q}$ die Grundmenge, so kann eine Lösung angegeben werden. Die Grundmenge entspricht in der Regel dem zur Verfügung stehenden Zahlbereich. Dagegen beschreibt die **Definitionsmenge** diejenige Teilmenge der Grundmenge, für die die Aussageform überhaupt definiert ist -- im obigen Fall also $\mathbb{Z}\backslash\{0\}$. Die Menge aller Lösungen, für die die Ausageform eine wahre Aussage ergibt, wird dann als **Lösungsmenge** bezeichnet und ist demnach wiederum eine Teilmenge der Definitionsmenge.
@Weigand2022 [257] unterscheiden in vier Grundvorstellungen zu Gleichungen:
* **Operationale Grundvorstellung.** Gleichung als Ausdruck einer Berechnung oder Umformung, z. B. $2+3 = 5$ oder $V = \frac{1}{3}\pi r^2 h$.
* **Relationale Grundvorstellung.** Gleichung als Anlass, Zahlen oder Terme zu ermitteln, für die beide Seiten der Gleichung denselben Wert besitzen, z. B. $2x +1 = 7$.
* **Funktionale Grundvorstellung.** Gleichung als Ausdruck eines Vergleichs zwischen zwei Funktionstermen, z. B. $x+1 = -3x$.
* **Objekt-Grundvorstellung.** Gleichung als ein Objekt, das charakteristische Eigenschaften hat, z. B. $x^2 +y^2 = r^2$ als Kreisgleichung.
Innerhalb dieser Grundvorstellungen kann nun das **Lösen von Gleichungen** unterschiedlich interpretiert werden. In der operationalen Grundvorstellung bietet sich bspw. ein Rückwärtsrechnen an, in der funktionalen Grundvorstellung die Schnittpunktbestimmung in einem Diagramm, in dem beide Terme als Funktionsgraphen dargestellt werden. In der Objekt-Grundvorstellung kann das Überprüfen der Passung von Koordinaten zum (ggf. teilweise) Lösen der Gleichung führen, während sich in der relationalen Grundvorstellung Äquivalenzumformungen anbieten.
Für letzteres ist es zunächst notwendig zu klären, was unter der *Äquivalez von Gleichungen* zu verstehen ist. Einerseits ist dies über eine **Lösungsmengenäquivalenz** möglich, d. h. zwei Gleichungen (mit derselben Grundmenge) heißen lösungsmengenäquivalent zueinander, wenn sie dieselbe Lösungsmenge besitzen. Die ist etwa bei den Gleichungen $2x+ 1 = 7$ und $2x + 3 = 9$ offensichtlich mit der Lösungmenge $\{3\}$. Jedoch besitzen auch die Gleichungen $|\mathrm{e}^{\mathrm{i}x}| = 1$ und $\sin(x) = 0$ dieselbe Lösungsmenge, obwohl die beiden Gleichungen nicht durch offensichtliche Umformungen ineinander übergeführt werden können. Es bietet sich daher auch an, eine **Umformungsäquivalenz** zu definieren, von der man spricht, wenn zwei Gleichungen durch ***Äquivalenzumformungen*** ineinander übergeführt werden können. Letztere wiederum ergeben sich, wenn auf beide Seiten der Gleichungen eine eineindeutige, also injektive Funktion angewandt wird, da diese nicht die Lösungsmenge der Gleichung ändert.^[Dies folgt aus folgender Überlegung:Sei eine Gleichung $T_1(x) = T_2(x)$ mit der Grundmenge $\mathbb{G}$ gegeben, $\mathbb{L}$ die Lösungsmenge der Gleichung und $\varphi: \mathbb{G}\rightarrow \mathbb{G}$ eine injektive Funktion. Für $x \in \mathbb{L}$ ist $T_1(x) = T_2(x)$ eine wahre Aussage und damit $\varphi(T_1(x)) = \varphi(T_2(x))$, also $x\in\mathbb{L}_\varphi$, d. h. Lösung der umgeformten Gleichung. Sei weiterhin $y\in \mathbb{L}_\varphi$, d. h. $\varphi(T_1(y)) = \varphi(T_2(y))$. Dann ist wegen der Injektivität $\varphi^{-1}(\varphi(T_1(y))) = \varphi^{-1}(\varphi(T_2(y)))$, also $T_1(y) = T_2(y)$, also $y\in\mathbb{L}$. Daraus folgt $\mathbb{L} = \mathbb{L}_\varphi$.] Dabei sind die Addition, Subtraktion, Multiplikation und Division (bis auf Division durch Null) derartige injektive Funktionen, also Äquivalenzumformungen. Das Quadrieren einer Gleichung dagegen erhält im Allgemeinen nicht die Lösungsmenge, da die Funktion $^2: x \mapsto x^2$ nicht injektiv ist.
### Umformungen verstehen
Um Äquivalenzumformungen nachvollziehen zu können, haben sich für den Mathematikunterricht verschiedene Unterstützungsinstrumente etabliert. Diese sollen nun kurz vorgestellt und hinsichtlich ihrer Eignung als Arbeitsmittel (also inwiefern sie die Kriterien aus Definiton \@ref(def:Arbeitsmittel) erfüllen) untersucht werden. Die folgenden Betrachtungen beziehen sich ausschließlich auf lineare Gleichungen mit einer Variablen.
#### Waage-Modell
Im Waage-Modell werden Gleichungen über Massestücke auf einer Balkenwaage dargestellt, wobei i. d. R. absolute Werte in anderer Größe oder Form dargestellt werden als die Variable. Die Gleichheit wird visualisiert über das Gleichgewicht der Waage, also dass deren Balken horizontal ausgerichtet ist.
Eine Äquivalenzumformung besteht nun darin, in beiden Waagschalen dieselbe Operation durchzuführen, so dass die Waage stets im Gleichgewicht bleibt.
```{r Waage, echo=FALSE, fig.cap="Waage-Modell für die Gleichung $2x+1 = 7$", fig.align='center', out.width='75%'}
knitr::include_graphics("pictures/8-Waage.png")
```
Ein Vorteil besteht in der hohen **Anschaulichkeit** des Modells. Auch die **Operierbarkeit** ist für Gleichungen mit natürlichen Vorfaktoren und ausschließlich Summen gegeben. Hier zeigen sich aber auch schon erste Schwächen. Nach @Weigand2022 [{260 f.}] bestehen folgende weitere Hürden und Herausforderungen:
* Negative Zahlen können kaum sinnvoll dargestellt werden. Hier gäbe es etwa die Möglichkeit, dass z. B. $x-1$ als ein Massestück für $x$ mit einem Loch der Größe $1$ dargestellt wird. Auch ermöglichen digitale Umsetzungen, dass negative Werte eine Bewegung der Waage entgegen der Schwerkraft bewirken. So kann aber nicht mehr an die Handlungserfahrungen mit echten Balkenwaagen angeknüpft werden, in denen das Modell eigentlich seinen Ursprung hat.
* Gleichzeitig muss auch zugegeben werden, dass nur noch wenige Schülerinnen und Schüler tatsächlich Erfahrungen mit Balkenwaagen haben. Der Waagetyp ist einerseits unüblich, andererseits auch sehr empfindlich gegenüber kleinen Masseabweichungen. Es ist also in der praktischen Ausführung recht kompliziert, ein Gleichgewicht herzustellen. Außerdem muss, damit das Gleichgewicht jederzeit bestehen bleibt, auf beiden Seiten gleichzeitig operiert werden.
* Um die Ausgangssituation der gleichgewichteten Waage herzustellen, muss bereits bekannt sein, über welche Masse das $x$ repräsentierende Massestück verfügt. Wird also die Situation nicht vorgegeben, erscheint das Lösen unnötig. Außerdem bestünde in der Realität die Möglichkeit, durch Versuch und Irrtum die Masse von $x$ mit der Waage zu bestimmen, so dass Äquivalenzumformungen ggf. nicht notwendig erschienen und das Vorgehen noch nicht einmal dem Einsetzen verschiedener Werte für $x$ in die Gleichung entspräche (was einem innermathematischen Versuchen entspräche).
* Hinzu kommt, dass das Dividieren zunächst mit einem Bündeln und dann einem Wegnehmen einhergeht. Dies weist (in der äußeren Handlung) Ähnlichkeiten zum Subtrahieren auf, was es jedoch nicht ist.
All diese Einschränkungen und mögliche »Reparaturen« des Modells bzw. des Umgangs mit ihm lassen darauf deuten, dass die **Abstraktheit** des Modells zu gering ist, es also nicht in ausreichendem Maße das Wesen des Lerngegenstand darstellen kann. Der Drang, nicht mögliche Operationen in das anschauliche Modell zu »pressen«, spricht dafür, dass das Modell auf mathematischer Ebene nicht geeignet genug erscheint, um die Anforderungen an die obige Arbeitsmittel-Definition zu erfüllen.
Dies soll jedoch nicht bedeuten, dass das Modell keinesfalls genutzt werden darf. @Barzel2011a [7] empfehlen, »das Waage-Modell für den Einsatz mit natürlichen Zahlen auf jeden Fall zu nutzen, um das Prinzip der Äquivalenzumformungen zu erläutern.« Dabei sollten die Grenzen des Modell deutlich gemacht werden und anschließend entweder innermathematisch oder mit alternativen Modellen weitergearbeitet werden.
#### Streichholzschachtel-Modell
Eine weitere Möglichkeit bietet das Streichholzschachtel-Modell, bei denen $x$ die Anzahl der Streichhölzer in einer Schachtel beschreibt, die Gleichung entsprechend mit Schachteln und einzelnen Streichhölzern dargestellt und dann ähnlich wie beim Waage-Modell über gleichartiges Operieren auf beiden Seiten gelöst wird.
```{r Streichholz, echo=FALSE, fig.cap="Streichholzschachtel-Modell für die Gleichung $2x+1 = 7$", fig.align='center', out.width='75%'}
knitr::include_graphics("pictures/8-Streichholz.png")
```
Gegenüber dem Waage-Modell bietet dieses Modell eine einfachere Zugänglichkeit (v. a. in der tatsächlichen Unterrichtssituation) und die Anzahl der Hölzer pro Schachtel ist tatsächlich unbekannt. Jedoch muss man einerseits darauf vertrauen, dass in allen Schachteln dieselbe Anzahl an Streichhölzern vorhanden ist und auch die Gleichheit beider Seiten kann nicht (wie z. B. durch die ausgeglichene Waage) visualisiert werden. In dem Sinne ist die **Anschaulichkeit** etwas geringer, die **Operierbarkeit** für die Schülerinnen und Schüler etwas besser als beim Waage-Modell.
Hinsichtlich der **Abstraktheit** sind keine Unterschiede zu verzeichnen: Es ist weiterhin nur eine Bearbeitung mit natürlichen Vorfaktoren und Variablen sinnvoll möglich.
@Barzel2011a [6] betonen, dass Streichholzschachteln, Plättchen oder Dosen bereits beim Aufstellen von Termen geeignete Visualisierungsinstrumente sind. Insofern bietet dieses Modell eine gute Anschlussfähigkeit zu vorherigen Erfahren.
#### Strecken-/Pfeil-Modell
@Weigand2022 [{261 f.}] beschreibt ein Modell, in dem die beiden Terme einer Gleichung über zwei Strecken dargestellt werden, jeweils zusammengesetzt aus Repräsentanten für die Variablen und für die absoluten Werte. Die Gleichheit zeigt sich dann über die gleiche Länge der Strecken. Eine Verallgemeinerung zu Pfeilen ist möglich und wird unten noch diskutiert.
```{r Pfeile, echo=FALSE, fig.cap="Pfeil-Modell für die Gleichung $2x+1 = 7$", fig.align='center', out.width='50%'}
knitr::include_graphics("pictures/8-Pfeile.png")
```
Äquivalenzumformungen sind nun über gleichzeitiges Abziehen oder Hinzufügen bzw. Auftrennen von (Teil-)Strecken visualisierbar. Dieses Modell greift offensichtlich nicht auf derart enaktive Erfahrungen zurück, wie es das Waage- oder Streichholzschachtel-Modell tun. Dennoch erfüllt es das Kriterium der **Anschaulichkeit**, weil es die dem Lerngegenstand zugrundeliegende Struktur der Wahrnehmung und Vorstellung zugänglich macht. Die **Operierbarkeit** ist für gedankliche Operationen und, wenn die Strecken z. B. über Papierstreifen realisiert werden, auch in Form von real durchgeführten Operationen möglich. Eine digitale Umsetzung des Modells kann bspw. die Operierbarkeit erhöhen und zu einer virtuell-enaktiven Handlungsoption führen.
Ein großer Vorteil des Modells liegt jedoch in der **Abstraktheit**:
* So sind gleichermaßen natürliche wie (positive) gebrochenrationale Vorfaktoren visualisierbar, was sich nur in der Länge der (Teil-)Strecken auswirkt.
* Auch negative Vorfaktoren können über Pfeile in die Gegenrichtung repräsentiert werden. Eine solche Darstellung ist im Umgang mit der Zahlengeraden bekannt, kann auch bei Termen wieder aufgegriffen und hier nun zum Lösen von Gleichungen weiter genutzt werden.
```{r negativePfeile, echo=FALSE, fig.cap="Pfeil-Modell für die Gleichung $2x-1 = 5$", fig.align='center', out.width='50%'}
knitr::include_graphics("pictures/8-negativePfeile.png")
```
* Das Modell bietet weiterhin die Möglichkeit, die Gleichheit der beiden Terme abhängig vom Wert für $x$ nachvollziehbar zu machen. Je nachdem, wie groß $x$ ist, kann also die Gleichung $2x+1 = 7$ wahr sein (beide Strecken gleich lang) oder eben nicht. Unterstützt werden kann dies, indem $x$ dynamisch variiert wird, etwa in einem digitalen Arbeitsmittel.
```{r dynamischePfeile, echo=FALSE, fig.cap="Gleichheit/Ungleichheit der Terme $2x+1$ und $7$ im Pfeil-Modell", fig.align='center', out.width='75%'}
knitr::include_graphics("pictures/8-dynamischePfeile.gif")
```
Insofern erfüllt eine Umsetzung dieses Modells über ein digitales Arbeitsmittel, in dem virtuell-enaktiv operiert werden kann, die Forderungen aus Definition \@ref(def:Arbeitsmittel).
## Zum Nachbereiten {#arbeitsmittel-nachbereitung}
In Kapitel \@ref(grundvorstellungen) sollten Sie sich in der Nachbereitung mit Grundvorstellungen zu *Variablen* oder *Termen* beschäftigen.
1. Recherchieren Sie in Schulbüchern und fachdidaktischer Literatur, welche Materialien üblicherweise zur Unterstützung des Aufbaus entsprechender Grundvorstellungen verwendet werden.
2. Analysieren Sie eines dieser Materialien hinsichtlich der Eignung als Arbeitsmittel nach Definition \@ref(def:Arbeitsmittel).