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Hintergrund des Projektes
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Stand der Forschung und Praxis

Informationssystem und Informationsmanagement im Krankenhaus

Fortschritte in der Informationstechnologie (IT) schaffen neue Möglichkeiten für höhere Qualität und Effizienz in Gesundheitsversorgung und medizinischer Forschung und Lehre. Dies gilt für alle Krankenhäuser, aber besonders für Krankenhäuser in der Universitätsmedizin, wo Patientenversorgung, Forschung und Lehre in besonderer Weise integriert werden müssen. Weil Möglichkeiten und Chancen der IT bekannt sind, besteht sowohl bei den Nutzern von IT als auch beim Krankenhausmanagement sehr häufig große Unzufriedenheit über die als schleppend und unzureichend angesehene Einführung der Technologien. Ein Krankenhaus muss daher nicht nur in sein Informationssystem (IS), d.h. in sein Gesamtsystem aller Anwendungssysteme und physischer Datenverarbeitungssysteme, investieren. Vielmehr bedarf es des systematischen Managements, wobei einerseits die Komplexität des IS als auch seines Managements von den Nutzern abgeschirmt werden muss und andererseits durch geeignete Informationen Vertrauen in das IS und in sein Management erworben werden sollte. Das Management von IS wird als Informationsmanagement (IM) bezeichnet. Die Aufgaben des IM sind nicht mehr vorrangig darauf ausgerichtet, ein Rechenzentrum operativ zu betreiben, sondern das Krankenhauspersonal bei der Behandlung von Patienten und bei Sekundärprozessen, wie z. B. Ressourcenverwaltung und Personalmanagement, effizient zu unterstützen. Deshalb arbeitet das IM nicht nur mit Informationen zu Anwendungssystemen und Hardware, sondern es muss ebenso die Ziele des Krankenhauses und den Ablauf der Krankenhausprozesse, die zu diesen Zielen beitragen, im Blickfeld haben. Das IM im Krankenhaus umfasst also viele unterschiedliche Aufgaben, die wechselseitig durch Informationsaustausch miteinander vernetzt sein müssen. In der Lehre zum Informationsmanagement in Krankenhäusern besteht die Herausforderung, diese unterschiedlichen Aufgaben und dafür benötigte Informationen systematisch und in ihrem Gesamtzusammenhang zu vermitteln.

Bedarf an Informationen über das Informationssystem und das Informationsmanagement im Krankenhaus

Die einfache Bereitstellung einzelner Kostenkennzahlen reicht nicht aus, die Informationsbedürfnisse des Chief Information Officers (CIO) und der Krankenhausleitung zu befriedigen. Vielmehr benötigen sie ein tieferes Verständnis dafür, wie das IS zum Erreichen der strategischen Unternehmensziele eingesetzt werden kann. Daher sind CIO und Krankenhausleitung auf vernetzte Informationen über das Projektgeschehen im taktischen IM, den Betrieb des IS im operativen IM sowie die langfristige Weiterentwicklung im strategischen IM angewiesen. Die Informationen über das IM müssen wiederum mit Informationen über das IS und den von ihm unterstützten Geschäftsprozessen und mit der Unternehmensstrategie vernetzt sein. Sowohl CIO als auch Krankenhausleitung benötigen Unterstützung bei der Navigation durch diese vernetzten Informationen. Dafür sind möglichst formale Modelle des vernetzten IM notwendig.

Ansätze für das vernetzte Informationsmanagement

Grundsätzlich unterscheidet man im Informationsmanagement drei Ansätze mit entsprechend unterschiedlichen Schwerpunkten [1]:

  • Problemorientierte Ansätze legen den Fokus auf das strategische IM und das Strategic Alignment.
  • Aufgabenorientierte Ansätze sammeln die vielfältigen Aufgaben des Managements vom Projektmanagement über das operative Management bis zur Strategieformulierung und bemühen sich um einen systematischen Zusammenhang.
  • Prozessorientierte Ansätze detaillieren die Aufgaben des IM.

In der Summe der Ansätze werden also die relevanten Aspekte des IM angesprochen und je nach Ansatz auch Verknüpfungen zwischen Aufgaben des IM verbal erläutert. Ist in Veröffentlichungen zu den Ansätzen von Modellen des IM die Rede, dienen solche Modelle allerdings eher einer groben Strukturierung des Ansatzes. Sie beschreiben Konzepte des IM und ihre Beziehungen untereinander weder semiformal noch formal. Dies wäre aber die Voraussetzung für die Implementierung eines softwarebasierten Werkzeugs des vernetzten Informationsmanagements, das alle für die Entscheidungen von CIOs erforderlichen Informationen integriert. In der Lehre erleichtert eine zumindest semiformale Beschreibung die Vermittlung und systematische Einordnung von Begriffen und unterschiedlichen Ansätzen des Informationsmanagements.

Werkzeuge des vernetzten Informationsmanagements

Am Markt werden vielfältige generische Werkzeuge angeboten, die dem CIO und der Krankenhausleitung helfen könnten, die verschiedenen Informationen innerhalb des IM zu überblicken und zur Planung, Steuerung und Überwachung zu verwenden. Hierbei sind insbesondere Dashboards und Werkzeuge zur Modellierung von IS-Architekturen zu nennen.

Den auf dem Markt befindlichen Dashboards und Modellierungswerkzeugen liegen allerdings unterschiedliche Terminologien zugrunde. Außerdem stellen sie unterschiedliche Aspekte des IS und IM in den Vordergrund, welche miteinander vernetzt werden müssen. Es herrscht ein Mangel an Integration der für Entscheidungen von CIOs erforderlichen Informationen durch die gängigen Werkzeuge [2].

Semantische Netze und Ontologien zur Formalisierung des vernetzten Informationsmanagements

Das semantische Netz ist eine Technik, welche Informationen als Verknüpfungen zwischen Objekten darstellt. Je nach Grad der Formalisierung kann auch von einem Modell gesprochen werden [3]. Wenn ein solches Modell einen hohen Komplexitäts- und Formalisierungsgrad hat und den Regeln der Prädikatenlogik folgt, kann man auch von einer Ontologie sprechen. Eine Ontologie ist die „explizite Spezifikation einer Konzeptualisierung“ [4]. Sie wird in der Informatik genutzt, um Wissen über eine Domäne zu strukturieren, es vollständig abzubilden und schließlich in Softwareanwendungen zu repräsentieren und den Austausch von Daten inkl. ihrer Semantik zwischen Softwareanwendungen zu ermöglichen. Soll eine Domäne wie das vernetzte IM als Ontologie modelliert werden, wird eine Top-Level-Ontologie benötigt, die domänenunabhängige Konzepte zur Beschreibung von Wissen vorgibt. Die Formalisierung als Ontologie ist insbesondere nötig, wenn eine Werkzeugunterstützung für die Vernetzung zwischen Ansätzen des IM entwickelt werden soll.

Semantische Netze können Ontologien gegenüber von Vorteil sein, wenn das Domänenwissen nicht nur für Computer interpretierbar, sonder auch für menschliche Nutzer verständlich sein soll. Daher sind semantische Netze für die Darstellung des vernetzten IM im Krankenhaus gerade in der Lehre besonders geeignet.

Eigene Vorarbeiten

Projektbezogene Publikationen

Winter AF, Ammenwerth E, Bott OJ, Brigl B, Buchauer A, Gräber S, et al (2003). Strategic Information Management Plans: The Basis for systematic Information Management in Hospitals. Yearbook of Medical Informatics. Stuttgart: Schattauer; 2003. p. 431-41.

Müller U, Winter A (2006). A monitoring infrastructure for supporting strategic information management in hospitals based on key performance indicators. In: Hasmann A, Haux R, van der Lei J, De Clercq E, Roger-France F, editors. Ubiquity: Technologies for Better Health in Aging Societies (European Notes in Medical Informatics Vol II No2); 2006. p. 328–32.

Jahn F, Winter A (2011). A KPI Framework for Process-based Benchmarking of Hospital Information Systems. Stud Health Technol Inform. 2011;169:542-6.

Mueller U, Issler L, Funkat G, Winter A (2009). An Interactive Strategic Information Management Plan to Integrate Strategic and Tactical Information Management in Hospitals. IEEE Proceedings of the ICSE 2009 Workshop Software Engineering in Health Care; 2009. p. 12-9.

Winter A, Brigl B, Funkat G, Häber A, Heller O, Wendt T (2007). 3LGM²-Modeling to Support Management of Health Information Systems. International Journal of Medical Informatics. 2007;76(2-3):145-50.

Paech B, Kohler K (2003). Task-driven Requirements in object-oriented Development. In: Leite J, Doorn J, editors. Perspectives on Requirements Engineering: Kluwer Academic Publishers; 2003.

Herrmann A, Paech B (2008). MOQARE: Misuse-oriented Quality Requirements Engineering. Requirements Engineering Journal. 2008;13(1):73-86.

Zorn-Pauli G, Paech B, Beck T, Karey H, Ruhe G (2013). Analyzing an Industrial Strategic Release Planning Process – A Case Study at Roche Diagnostics. Int Conf REFSQ, LNCS 7830: Springer; 2013. p. 269-84.

Glesner S, Jähnichen S, Paech B, Rumpe B, Wetter T, Winter A (2008). Manifest: Strategische Bedeutung des Software Engineering für die Medizin. Informatik Forschung und Entwicklung. 2008;22(3):127-35.

Forschungsbedarf

Es existieren keine Ontologie und kein semantisches Netz des vernetzten IM im Krankenhaus. Ein semantisches Netz des vernetzten IM im Krankenhaus würde Folgendes ermöglichen:

  • Die komplexen Zusammenhänge der verschiedenen Ansätze und Aspekte des IM könnten in der Lehre besser vermittelt werden.
  • Die verschiedenen Ansätze des IM könnten in der Forschung systematischer weiterentwickelt, branchenspezifisch angepasst und besser integriert werden.
  • Werkzeuge für das IM könnten zielgerichteter entwickelt und besser integriert werden.
  • CIO und Krankenhausleitung könnten besser kommunizieren, da sie mit denselben Werkzeugen auf dieselben Informationen zugreifen könnten.

Literaturverzeichnis

  1. Krcmar H. Informationsmanagement. 4 ed. Berlin: Springer; 2005.
  2. Riempp G, Gieffers-Ankel S. Application portfolio management: a decision-oriented view of enterprise architecture. Information Systems and E-Business Management. 2007;5(4):359-78.
  3. Reichenberger K. Kompendium semantische Netze – Konzept, Technologie, Modellierung. Springer 2010.
  4. Gruber TR. Toward Principles for the Design of Ontologies Used for Knowledge Sharing. International Journal Human-Computer Studies. 1995;43(5-6):907-28.